Workation 2025: Zwischen Lifestyle, Burnout-Gefahr und erholsamen Kurzurlauben
Die Idee, Arbeit und Urlaub zu kombinieren, erfreut sich in den vergangenen Jahren wachsender Beliebtheit. Die Pandemie veränderte die Arbeitswelt nachhaltig, hybride Modelle wurden zur Norm, und Arbeitnehmer*innen nutzten die Möglichkeit, von exotischen Orten aus zu arbeiten. Doch ist dieses Modell wirklich so nachhaltig, wie es einst erschien?
"Die Workation zeigt, dass Arbeit nicht an einen
festen Ort gebunden sein muss", erklärt Inga Höltmann. „Doch 2025 stellen
wir fest, dass nicht jedes Unternehmen für dieses Modell gemacht ist. Wer das
Gefühl hat, dass die Kolleg*innen im Büro heimlich die Stirn runzeln oder man
sich von wichtigen Informationen abgeschnitten fühlt, macht das genau einmal –
und dann nie wieder. Die Akzeptanz muss also von allen Seiten vorhanden sein"
Der Trend zur Regionalität: Workation-Ziele verlagern
sich
Ein deutlicher Wandel zeichnet sich bei den
beliebtesten Workation-Zielen ab. Kurzurlaube in Deutschland und den
Nachbarländern gewinnen an Bedeutung, da sie eine stressfreie Alternative zu
langen Fernreisen bieten. Nachhaltigkeit und kürzere Reisezeiten spielen eine
immer größere Rolle, wodurch Skandinavien, die Alpenregion aber auch Workation
im eigenen Land zunehmend in den Fokus rücken.
Unternehmen in der Verantwortung: Workations als Benefit
strategisch nutzen
Für Unternehmen stellt die Workation 2025 eine
Herausforderung dar: Es ist weiterhin ein attraktiver Benefit, doch die Balance
zwischen Produktivität und Work-Life-Balance muss beachtet werden. Klare
Vereinbarungen und Strukturen sind notwendig, um das Thema Workation
erfolgreich zu gestalten.
"Offenheit in den Unternehmen ist die
Grundvoraussetzung dafür, dass Workations funktionieren", erklärt Höltmann.
"Es braucht eine Betriebsvereinbarung oder zumindest eine klare
Regelung, die für alle Mitarbeitenden gilt. Hinein gehören Eckdaten wie die
mögliche Dauer so einer Workation oder wie oft man das umsetzen kann.
Entscheidend ist auch, dass nicht allein die direkte Führungskraft mit ihrer
persönlichen Meinung zum Thema darüber entscheidet, wer eine Workation machen
darf."
Besonders Kurzurlaube in regionaler Nähe bieten eine interessante Möglichkeit, Mitarbeitenden Erholung und Flexibilität zu ermöglichen, ohne lange Abwesenheitszeiten in Kauf nehmen zu müssen. Unternehmen können durch Kooperationen mit Hotels, Co-Working-Spaces oder Wellness-Resorts gezielt attraktive Angebote für ihre Belegschaft schaffen.
Die richtige Infrastruktur: Erfolgsfaktoren für gelungene
Workations
Für eine erfolgreiche Workation sind bestimmte
Rahmenbedingungen essenziell. "Ein stabiles WLAN ist das
Wichtigste", betont Höltmann. "Danach geht es um individuelle
Präferenzen: Ob Hotelzimmer oder einsame Hütte am See – es gibt keine
universelle Lösung, sondern nur die passende Umgebung für jede*n Einzelne*n."
Workation als Gesundheitsfaktor: Unternehmen können
profitieren
Richtig umgesetzt, können Workations auch gesundheitliche
Vorteile bringen. "Workations sind nicht einfach nur Urlaub mit
Laptop", sagt Höltmann. "Es geht darum, vor Ort bewusst zu
arbeiten und auch die Freizeit bewusst zu gestalten. Dadurch können neue
Impulse entstehen, die sich positiv auf Motivation und Kreativität
auswirken."
Ein gut organisiertes Modell kann helfen, die hohe
Krankheitsquote in Unternehmen zu senken. "Wenn Workations im
Unternehmen etabliert sind, können sie dazu beitragen, Menschen zu entlasten
und neue Erholungsangebote zu schaffen", meint Höltmann.
Fazit: Workation – Zukunft oder Auslaufmodell?
Workations sind 2025 keineswegs "out", sondern entwickeln sich weiter. Ein Trend geht weg von fernen Reisezielen hin zu nachhaltigen und besser integrierbaren Modellen. Unternehmen, die Workations strategisch fördern, können nicht nur die Motivation ihrer Mitarbeitenden steigern, sondern auch langfristig deren Gesundheit und Produktivität positiv beeinflussen.
Das gesamte Interview mit Inga Höltmann
Wie können Unternehmen Workations aktiv fördern, um gesundheitliche Vorteile und Synergien für ihre Mitarbeitenden zu schaffen, insbesondere im Hinblick auf die hohe Krankheitsquote?
Workations müssen gut gestaltet werden, denn sie sind etwas anderes, als im Urlaub zu arbeiten. Vielmehr sind Workations eine Verbindung von bewusster Arbeit an einem dritten Ort der Destination - wie Cafés oder Coworking Spaces - und Freizeit, die ebenso bewusst gestaltet wird und in Anspruch nimmt, was sich vor Ort anbietet. So bieten Workations den Arbeitenden die Möglichkeit, etwas Neues zu erleben, eine Außenperspektive auf ihre Arbeit einzunehmen und neue Impulse mit in das Unternehmen zu bringen.
Aber das funktioniert nur dann, wenn die Workation gut organisiert ist. Dazu gehört Klarheit über den Status - was kann und soll ich leisten können auf meiner Workation? - und auch, dass es technisch möglich ist, von anderswo zu arbeiten. Wenn ich nur auf die Hälfte der Dokumente Zugriff habe oder nicht an Meetings teilnehmen kann, weil die im Büro stattfinden, sind das keine guten Voraussetzungen für die Workation.
Und das bedeutet: Eine gute Workation beginnt lange vor der Abreise und ist immer eine Teamanstrengung - ein Unternehmen, in dem Home-Office verpönt ist, wird sich mit Workations erst recht schwertun. Doch wenn Workations im Unternehmen etabliert sind, tragen sie dazu bei, die Menschen zu entlasten und ihnen etwas anzubieten - was sich positiv auf die Krankenquoten im Unternehmen auswirken kann.
Wie können Kurzurlaube in Kombination mit Workations dazu beitragen, Erholung und Produktivität besser zu verbinden?
Fragt man Angestellte, wie sie arbeiten möchten, sind die
Antworten eindeutig: Drei Viertel von ihnen wünschen sich hybride
Arbeitsmodelle, nur neun Prozent wollen ausschließlich im Büro arbeiten. Ich
denke, dass Unternehmen sich darauf einstellen sollten - und die Debatte, die
wir derzeit führen, sollte nicht sein: “Wie bekommen wir die Menschen zurück in
die Büros?”, sondern: “Wie können wir (Zusammen-)Arbeit so gestalten, dass sie
sowohl auf die Bedürfnisse des Unternehmen, als auch auf die Bedürfnisse der
Arbeitenden einzahlt?”. Denn dass wir am besten und am produktivsten im Büro
arbeiten, ist nicht mehr als ein Glaubenssatz - der sich leider sehr hartnäckig
hält.
Produktiv arbeiten Teams, die ihre Zusammenarbeit bewusst
gestalten: Produktivität fällt nicht vom Himmel und geschieht nicht
automatisch, nur weil alle im selbem Raum sitzen. Und das wiederum bedeutet:
Wenn wir uns als Team mit unserer hybriden Zusammenarbeit beschäftigen und wie
wir sie am besten gestalten können, fördert das die Produktivität, und zwar
unabhängig davon, von wo gearbeitet wird. Das Möglichmachen von Workations kann
also für die Teams ein Anlass sein, auf die Strukturen der Zusammenarbeit zu
schauen - manchmal fällt es Teams leichter, sich die richtigen Fragen zu
stellen, wenn sie konkret für eine Workation planen als wenn sie sich abstrakt
mit Arbeit in virtuellen Räumen auseinandersetzen.
Welche Infrastruktur (z. B. Co-Working-Spaces, Hotels mit
schnellem WLAN, naturnahe Arbeitsorte) ist für eine gelungene Workation
innerhalb Deutschlands und der Nachbarländer besonders wichtig?
Eine gelungene Workation braucht nicht viel: Ein stabiles
W-Lan ist am wichtigsten, ansonsten geht es einfach nur nach den persönlichen
Präferenzen, die sehr individuell sein dürfen. Ob winziges Hotelzimmer mit
Schreibtisch in der glitzernden Großstadt oder einsame Hütte am See: Für eine
Workation eignen sich alle Orte, die gefallen. Damit kann eine Workation so
individuell sein wie die Person, die sie plant.
Wie verändert sich der Trend: Werden nahegelegene Reiseziele für Workations attraktiver als exotische Fernziele?
Ich halte Workations an nahegelegenen Orten für prima Gelegenheiten, sie mit wenig Aufwand umzusetzen und reinzuschnuppern, ob einem das Format überhaupt gefällt und Freude bereitet. Wer in der Nähe bleibt, schont das Klima, muss sich nicht um Impfungen kümmern oder die Zeitverschiebung beachten - und kommt trotzdem in den Genuss, sich von einer neuen Umgebung inspirieren zu lassen.
Wie können Unternehmen Kurzurlaube mit Workations in Deutschland und den Nachbarländern als attraktiven Benefit für Mitarbeitende gestalten?
Ich denke: In erster Linie, dass sie offen dafür sind - Offenheit in den Unternehmen ist die Grundvoraussetzung dafür, dass so etwas klappt. Und das gilt für beide Seiten: Dass es Angestellte gibt, die das in Anspruch nehmen und ihre Koffer packen genauso wie dass auch die Daheimgebliebenen das mittragen: Wer das Gefühl hat, dass die Kollegen und Kolleginnen im Büro heimlich die Stirn runzeln oder man sich als Workationeer am brandenburgischen See von wichtigen Informationen abgeschnitten fühlt, macht das genau einmal - und dann nie wieder.
Meiner Meinung braucht es auch eine Betriebsvereinbarung für Workations oder das Thema sollte in die Vereinbarungen für die hybride Zusammenarbeit aufgenommen werden. Hinein gehören Eckdaten wie die mögliche Dauer so einer Workation oder wie oft man das umsetzen kann. Außerdem: Ob jemand eine Workation machen darf, sollte nicht vom persönlichen Geschmack der Führungskraft abhängig sein, sondern verbindlich im Unternehmen verankert sein.Inga Höltmann ist eine renommierte Expertin für Kulturwandel in Unternehmen, New Work und Digital Leadership. Als Keynote-Speakerin, Beraterin und Coach unterstützt sie Organisationen bei der Umsetzung wirksamer hybrider Zusammenarbeit. Neben Deutschland hat sie bereits mit Kund/innen in Österreich, der Schweiz, Spanien, Georgien, Belarus und den USA gearbeitet. Zu ihren Klient/innen gehören Unternehmen wie Siemens, die Deutsche Bahn, AXA, das Goethe-Institut oder Zeiss. Mehr über ihre Arbeit gibt es unter accelerate-academy.de, Kontakt via LinkedIn: Inga Höltmann.